Nachts am Eckensee

In den vergangenen drei Jahren hatte die AG Jugendbeteiligung über 5.000 junge Menschen zum Thema Sicherheit in der Stadt befragt. Heraus kam, wie divers junge Menschen und ihre Bedürfnisse im Hinblick auf eine jugendgerechte Stadt sind. Die Studie hat zudem drei Dimensionen von Sicherheit ausgemacht: die strukturell-gesellschaftliche, die individuelle und die räumlich-lokale. Über die individuelle wollen wir heute am Beispiel des Eckensees vor der Oper und dem Schlossplatz sprechen. Dazu unterhalte ich mit Simon Fregin, der seit drei Jahren das Team der Mobilen Jugendarbeit Innenstadt leitet.

Das sagen junge Menschen zum Ort:

Da ist jemand da, falls was passiert

Als Frau ist es schwer sich komplett sicher und wohl zu fühlen, dafür müsste sich allgemein das gesellschaftliche Klima ändern.

Bahnhof. Eckensee, da ist es richtig schlimm: Scherben, Müll, Schreie! Und da stinkt es so.

Man fällt nicht auf, wenn man in einer Masse ist, wo viele aussehen, wie man selbst: Das ist angenehm. Aber die Anonymität begünstigt auch, dass sich Menschen in der Masse verstecken und nicht eingreifen, wenn etwas passiert.

Insgesamt gibt es in der Stadt eine angespannte Stimmung. Sehr viel Alkohol und überall Musikboxen. Ab circa 22:30 Uhr nur noch sehr wenig Frauen. Es ist dann männlich-testosterone geprägt, viele schreien rum und sind stark betrunken. Da sind 50 Millionen Menschen vor dir, du spürst einfach eine Hand und weißt nicht, wer es war.

Es bräuchte mehr solche Kommunikationsteams der Polizei, die sind höflich und gehen mit uns auf Augenhöhe um. Nicht nur Streifen, die in Kastenwägen ankommen. Die treten oft provozierend auf, kommen nicht um zu reden, sondern nur wegen Kontrolle. Wollen gar nicht wissen, warum man da ist, sondern nur Drogen oder so finden.

Egal wo wir sind, immer kommen Leute: „Du bist so hübsch“. An der Treppe immer. Jedes Mal, aber auch Erwachsene. Ich will einmal in der Stadt sein, ohne dass mich Typen anlabern.

Marienplatz: Raum für Jugend?

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Tomma Profke

In den vergangenen drei Jahren hatte die AG Jugendbeteiligung über 5.000 junge Menschen zm Thema Sicherheit in der Stadt befragt. Heraus kam, wie divers junge Menschen und ihre Bedürfnisse im Hinblick auf eine jugendgerechte Stadt sind. Die Studie hat zudem drei Dimensionen von Sicherheit ausgemacht: die strukturell-gesellschaftliche, die individuelle und die räumlich-lokale. Über letztere wollen wir heute am Beispiel des Marienplatzes im Stuttgarter Süden sprechen. Dazu haben wir uns Tomma Profke eingeladen. Sie leitet den Verein Team Tomorrow, der zwischen Politik und jungen Menschen Brücken schlägt und sein Büro unweit des Marienplatzes hat.

Zitate aus der Studie:

„Mehr beleuchtete und freundlich gestaltete Bereiche in der Innenstadt schaffen. Mehr Sofas. Was spricht dagegen Stühle und Sitzsäcke aufzustellen – in Paris funktioniert das auch! Auch überdachte Plätze wären gut!“

„Orte am Wasser, an denen es chillig ist, wären gut. So entsteht direkt eine entspannte Stimmung – oder halt einfach nicht mehr so viel Beton und nur Straßen. Cool wären auch Spätis wie in Berlin.“

„Gut ist, wenn die Plätze gut erreichbar sind, dann komm ich schnell hin und auch sicher wieder nach Hause.“

Kleiner Schlossplatz: für wen?

In den vergangenen drei Jahren hatte die AG Jugendbeteiligung über 5.000 junge Menschen zum Thema Sicherheit in der Stadt befragt. Heraus kam, wie divers junge Menschen und ihre Bedürfnisse im Hinblick auf eine jugendgerechte Stadt sind. Die Studie hat zudem drei Dimensionen von Sicherheit ausgemacht: die strukturell-gesellschaftliche, die individuelle und die räumlich-lokale. Über die strukturell-gesellschaftliche wollen wir heute am Beispiel des Kleinen Schlossplatzes sprechen. Dazu unterhalte ich mit Vanessa Fritz, die als Sozialpädagogin in den Stuttgarter Jugendhäusern arbeitet und an der internationalen Studie Youth in Urban Space mitgewirkt hat.

Jugendliche sagen:

Es braucht Aufenthaltsmöglichkeiten, die nicht überteuert sind. Coole Sachen werden aus der Stadt verdrängt, sind schwer erreichbar, besonders Kulturelles.

Man weiß ja von den Stories und so, dass man hier als junge Frau nicht alleine unterwegs sein soll.

Da soll halt was los sein – aber das muss gar nicht sogroh und organisiert sein. Wir wollen das einfach selber machen! Wie die Musikbox dort dem Kunstmuseum – da darf man sein Handy selber anschließen und alle tanzen friedlich.

Geil! Endlich was los in der Stadt.

Erwachsene haben oft unbegründete Vorurteile gegenüber Jugendlichen, dabei kommen Jugendliche oft schlecht weg.

Ganz ehrlich: Wenn wir normal irgendwo rumhocken und was trinken, kriegen wir Probleme. Aber wenn Wasen ist, dann wird das einfach so akzeptiert? Lederhose muss man tragen!

Nachhilfe für Bildungshungrige: Studenten bilden Schüler

Der Verein Studenten bilden Schüler bietet kostenlose Nachhilfe für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien. Ein Gespräch mit Fabio, Caleen und Giuseppe über Bildungsungerechtigkeit und wie man sich dagegen engagieren kann.

Kontakt: https://studenten-bilden-schueler.de/

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Jung, alleinerziehend, Studentin

Ein beeindruckendes Feature über Alisha, die als Teenie Mutter wurde, ihr Kind alleine großzieht und auch noch ein Studium absolviert. Es gibt aber auch deutliche Forderungen an die Stadtgesellschaft.

Bruch

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Malin Lamparter

Investigationssplitter aus dem Wutbereich

Nach der berüchtigten Krawallnacht im Sommer 2020 wurde viel diskutiert. Je nach Bubble über Racial Profiling oder die verrohte „Jugend von heute“, über Verständnis und Polizeiversagen. Häufig konnte man sich dabei aber darauf einigen, dass der begangene Vandalismus komplett unnachvollziehbar war, dass man mehr über die Gründe herausfinden sollte, und das sowas dem „normalen, gebildeten Durchschnittsbürger“ ja niemals passieren würde.
Aber ist das wirklich so ungewöhnlich? Oder ist der Wunsch danach, etwas zu zerstören vielleicht sogar ein ausgesprochen Menschlicher? Wann ist Wut angemessen, und wer darf denn überhaupt wütend sein?

Diesen Fragen geht Malin Lamparter in „Bruch – Investigationssplitter aus dem Wutbereich“ nach. „Hast du schonmal etwas aus Wut kaputt gemacht?“, diese Frage stellt sie den unterschiedlichsten Menschen, und mischt die Antworten mit einem persönlichen Text über Wut, Zerstörung und Krawall.

Janusz: Schreibmaschine

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Aktionstag am 19.6. am Eckensee in Stuttgart!

  1. Junge Menschen haben ein Recht darauf gehört zu werden! Die integrierte Jugendarbeit will sie dabei unterstützen.
  2. Aktuell haben nicht alle Menschen, die hier leben / sich hier aufhalten die gleiche Möglichkeit sich einzubringen. Die integrierte Jugendarbeit will insbesondere Menschen, die nicht gehört werden, Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren, befähigen und unterstützen.
  3. Unsere Vision: Eine jugendgerechte Innenstadt, in der alle jungen Menschen die Möglichkeit haben sich wohl zu fühlen, sich einzubringen und sich willkommen fühlen.
  4. Jugend ist divers und vielfältig: Wir wollen, dass die Innenstadt vielfältige Interessen und Bedarfe bedient, anerkennt und zulässt.

Bericht vom Tag bei Stuggi TV:

Die Queerdenker*

Alisha und Ida von den Queerdenkern Stuttgart e.V. berichten, wie sie marginalisiert wurden, weil sie nicht ins klassische herterosexuell-monogame Schema passten, wie sie daraus eine politische Bewegung gemacht haben und wie sie durch Kunst ihren Forderungen Schönheit verleihen.

Wörterbuch der queeren Begriffe

asexuell od. aromantisch – Bezeichnung für eine Person, die kein sexuelles Begehren verspürt bzw. kein Bedürfnis, sich zu verlieben.

bisexuell – eine Person weiblichen oder männlichen Geschlechts, die sich zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlt.

cis- – lat. diesseits, Gegenteil von trans-; z. B. cis-Frau: Meint eine Person, die auf der Seite ihres angeborenen weiblichen Geschlechts geblieben ist; im Gegensatz zur trans-Frau, die erst durch eine geschlechtliche Überschreitung zur Frau geworden ist (ebenso cis-/trans-Mann). Die Vorsilbe cis- will betonen, dass Geschlecht kein unüberwindbares Schicksal ist und zugleich die Vorsilbe trans- von ihrem diskriminierenden Beiklang befreien.

Heteronormativität – meint die Durchsetzung von Heterosexualität als gesellschaftlicher Norm bzw. die ausschließliche Orientierung von Wirtschaft, Politik und Kultur an den heterosexuellen Mehrheitsverhältnissen. Statistisch sind die meisten Menschen -> heterosexuell. Es gibt aber immer wieder Versuche, diese statistische Normalverteilung biologisch, historisch oder psychologisch zu begründen und damit alle Abweichungen von der statistischen Norm als widernatürlich, asozial oder geisteskrank zu brandmarken. Umgekehrt empfinden viele Heterosexuelle die Angriffe auf die Heteronormativität wiederum als Angriff auf ihre sexuelle Identität.

heterosexuell – von altgr. hetero = anders; Bezeichnung für eine Person, die sich zum jeweils anderen Geschlecht (innerhalb der -> heterosexuellen Matrix) hingezogen fühlt.

heterosexuelle Matrix – Festschreibung menschlicher Sexualität auf die beiden Geschlechter männlich und weiblich. Ignoriert alle Formen von Trans- und Intersexualität.

homosexuell – von altgr. homo = gleich; Bezeichnung für eine Person, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt, also -> lesbische und -> schwule Menschen.

intersexuell – wörtlich zwischengeschlechtlich, auch zwittrig, Substantiv Zwitter oder Hermaphrodit (von gr. Hermes und Aphrodite); beschreibt eine Person, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmbar ist, weil sie bei Geburt sowohl weibliche wie männliche Genitalien aufweist. Obwohl die Fälle äußerst selten sind, war die (oft operative) Nötigung in die -> heterosexuelle Matrix für die Betroffenen oft mit lebenslangem Leiden verbunden. Seit Ende 2018 ist in Deutschland die standesamtliche Geschlechtsbezeichnung ‚divers‘ zugelassen. Intersexuell kann auch Personen beschreiben, die zwischen -> cis und -> trans changieren.

queer [kwier] – englisch eigentlich schräg und damit das Gegenteil von straight (gerade, richtig). Als straight werden alle Heterosexuellen bezeichnet, immer mit dem Unterton, dass nur Heterosexualität normal und alle anderen sexuellen Orientierungen abnorm, wenn nicht sogar krank sind (-> Heteronormativität). queer war daher zunächst ein diskriminierendes Schimpfwort, bevor es in einem Akt der Selbstermächtigung von den so Ausgegrenzten selbst reklamiert wurde (ähnlich wie die Übernahme des Wortes nigger durch die Black-Power-Bewegung). queer-theory ist ein seit den 1990er Jahren aus den USA verbreiteter Denkansatz, der die Entstehung von -> Heteronormativität kritisch untersucht und sich für die geschlechtliche Gleichberechtigung und Diversität einsetzt.

lesbisch – abgeleitet von der griechischen Insel Lesbos, auf der vor rund 2.600 Jahren die Dichterin Sappho in einer Frauenkommune lebte. Sappho beschrieb in ihren Gedichten auch erotische Beziehungen zwischen Frauen. Die Bewohnerinnen der Insel heißen Lesbierinnen. Das Adjektiv bezeichnet homosexuelle Frauen.

LSBTTQIA+ – Abkürzung für lesbisch, schwul, trans-gender, transsexuell, queer, intersexuell, asexuell. Zu den einzelnen Begriffen s. dort. Die Sequenz verdankt sich einer fortgesetzten Erweiterung der ursprünglich lesbisch-schwulen Szene, in der sich viele andere Nicht-Heterosexuelle nicht wiederfanden. Die penible Ausdifferenzierung geschlechtlicher Identitäten wird in Teilen der Szene selbst kritisch gesehen, weshalb sich viele (wie auch Alisha und Ida im Interview) einfach nur noch als -> queer bezeichnen.

schwul – vermutlich aus dem Adjektiv schwul (heute schwül) = drückend heiß im 19. Jahrhundert als Bezeichnung für homosexuelle Männer gebildet. Dem entspricht die Bezeichnung „warme Brüder“, also Männer, die ihren Geschlechtsgenossen nicht distanziert-kühl (wie in der bürgerlichen Gesellschaft üblich) begegnen. Im englischen Äquivalent gay (von frz. gai = fröhlich) zeigt sich noch mehr, wie Abweichungen von der -> Heteronormativität sprachlich verschleiert werden.

trans-gender – von lat. trans = hinüber oder jenseits; bezeichnet eine Person, die ihr ursprüngliches Geschlecht hinter sich lässt und die Geschlechtergrenze überschreitet (transzendiert). Muss nicht notwendig mit -> Transsexualität einhergehen.

transsexuell – bezeichnet eine Person, die ihr angeborenes Geschlecht durch operative und pharmazeutische Verfahren (Hormone) in ein anderes verwandelt hat, also von Frau zu Mann oder von Mann zu Frau.

Literatur

Audrey Lorde – „black, lesbian, feminist, mother, poet, warrior“ (Selbstbeschreibung). Die Schriften von Lorde gehören in den USA zur „Gründungsliteratur“ der queeren Bewegung, weil Lorde schon früh gegen die Heteronormativität, die in den USA stark mit weißem Rassismus verknüpft ist, Stellung bezog.

Matthew Riemer: We Are Everywhere: Protest, Power, and Pride in the History of Queer Liberation. USA 2019. Beschreibt die Geschichte der queeren Bewegung in den USA.

Paul B. Preciado: Testojunkie. Sex, Drogen, Biopolitik in der Ära der Pharmapornographie. Berlin 2016. Preciado, Doktor der Philosophie, beschreibt, wie sie sich mit Hilfe einer stark Testosteron-haltigen Salbe von einer Frau in einen Mann verwandelt und bettet diesen Selbstversuch in äußerst kluge philosophische Überlegungen zur Biopolitik ein.

Matthias Gronemeyer: vögeln – eine Philosophie vom Sex. Stuttgart 2016. Der poetisch-philosophisch angelegte Großversuch beantwortet die Frage, wie es zu Patriarchat und Dominanz des Männlichen in Wirtschaft, Wissenschaft, Religion und Politik gekommen ist. Das Buch räumt zugleich mit dem weitverbreiteten Irrtum auf, es gebe eine natürliche Geschlechterordnung.

Für Jugendliche:

Andreas Steinhöfel: Die Mitte der Welt. Ein Roman übers Erwachsenwerden eines homosexuellen Jungen, der in einer Familie schräger Außenseiter lebt.

Weitere Empfehlungen

Der Youtube-Kanal 100% Mensch. Die Netflix-Serie „Pose“ und die Doku „Disclosure“. Musik von Peaches (ihren aktuellen Titel „Pussy Mask“ spielen wir im Interview an).

In Stuttgart insbesondere: NAF – das Duo aus Nana Hülsewig und Fender Schrade hinterfragt in seinen Performances und Interventionen im öffentlichen Raum immer wieder gängige Normvorstellungen.

Adressen

Queerdenker* Stuttgart
Jugendhaus Cafe Ratz
Margaretenstraße 67
70327 Stuttgart

LAG Mädchenpolitik e. V.
Stuttgarter Str. 61
70469 Stuttgart
Tel.: 07 11 / 8067 08-90

Feministisches Frauengesundheitszentrum (FFGZ)
Stuttgart e. V.
Kernerstr.31
70182 Stuttgart

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Sprachrohr.net Interview

Für das Projekt „Sprachrohr“ führten in fünfzehn Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und an sieben Standorten der Schulsozialarbeit zahlreiche Mitarbeiter*innen leitfadengestützte Interviews durch.  Der Schwerpunkt der Befragung lag auf dem Thema „Stuttgarter Krawallnacht“. Darüber hinaus wurden die insgesamt 116 jungen Menschen gefragt, wie sie Stuttgart finden und mit welchen Vorurteilen, seitens der Erwachsenenwelt, sie sich konfrontiert sehen und wie sie selbst über Erwachsene denken. Auch waren Änderungswünsche, Ideen und Forderungen an die Politik wesentliche Inhalte der Gespräche.

Simon Fregin spricht mit Vanessa vom Jugendhaus Fasanenhof und Jan vom Jugendhaus Giebel.